Kann „Virtual Reality“ bei Hausbau und Einrichtung helfen?
Baupläne können verwirrend sein. Abhilfe verspricht VR-Software, die dem Betrachter einen Rundgang durch das geplante Projekt ermöglicht
Architektur hat das Potential, unser Leben zu verändern. Aber bis das Gebäude steht, gibt es viele mögliche Missverständnisse. Nicht jeder Auftraggeber kann sich angesichts der Zeichnung, die der Architekt anfertigt, auch wirklich etwas vorstellen. Auch ein Rendering vermittelt nicht unbedingt einen Eindruck davon, wie es sich anfühlt, durch den Raum zu gehen. Und Fachbegriffe wie „Trauflinie“, „Bebauungskante“ oder „verbundenes Raumgefüge“ machen die Kommunikation nicht gerade leichter. Das alles kann dazu führen, dass Kunden von dem Bau, den sie beauftragen, vielleicht nur eine vage Vorstellung haben. Architekten fürchten ebenso, dass der Kunde sie missverstanden hat, wie umgekehrt.
Wie wäre es, wenn Eigentümer, Architekten und Bauherren ein Gebäude bereits betreten könnten, bevor es überhaupt gebaut wurde? Wenn sie sehen könnten, wie die Schlafzimmerfenster den Blick nach draußen rahmen, während das Morgenlicht scheint? Wenn sie schon vorher beurteilen könnten, wie die Sichtlinien von der Kücheninsel zum Wohnzimmer ausfallen? Wie viele unliebsame Überraschungen könnten sich auf diese Weise vermeiden lassen?
Wie wäre es, wenn Eigentümer, Architekten und Bauherren ein Gebäude bereits betreten könnten, bevor es überhaupt gebaut wurde? Wenn sie sehen könnten, wie die Schlafzimmerfenster den Blick nach draußen rahmen, während das Morgenlicht scheint? Wenn sie schon vorher beurteilen könnten, wie die Sichtlinien von der Kücheninsel zum Wohnzimmer ausfallen? Wie viele unliebsame Überraschungen könnten sich auf diese Weise vermeiden lassen?
VR-Headsets zeigen stereoskopische Bilder. Dabei handelt es sich immer um Bildpaare, die so aufgenommen sind, dass ungefähr eine Augenlänge zwischen ihnen liegt. Betrachtet man sie zusammen, imitiert das den normalen Blick mit zwei Augen – das Gehirn berechnet daraus wie beim natürlichen Sehen einen dreidimensionalen Raum.
Architekten, Bauunternehmer und Lieferanten können die Arbeiten des jeweils Anderen auf diese Weise überprüfen und Probleme schon vor dem Bau identifizieren – sogar, wenn sie in unterschiedlichen Städten arbeiten. Und sie können die Probleme markieren, indem sie Notizen in die virtuelle Umgebung einfügen, wie sie es auch auf Papier machen würden: Bitte die Breite dieser Arbeitsplatte checken. Können wir diese Wandleuchte 60 Zentimeter nach rechts versetzen? Die Backsteinwand in diesem Zimmer soll in „Chinese Blue“ gestrichen werden, nicht in „Cabbage White“.
„Das ist das perfekte Kommunikationswerkzeug“, findet Richard Embers, Chef des Architekturbüros Pulse Design Group. „Damit ermöglichen wir es unseren Kunden, das Gebäude schon mal zu betreten, und können ihnen die Möbel und die Beleuchtung zeigen. Dabei können wir sogar die Tageszeit verändern, so dass sie sehen, wie sich Licht und Schatten verändern. Das Modell ist so nah an der Realität, dass wir Änderungsaufträge reduzieren können.“
Die neue Technologie mag mehr kosten als die arbeitsintensiven Praktiken, auf die sich die meisten Architekturbüros im Moment stützen, aber der Unterschied ist nicht so gewaltig. Wer mit VR-Anwendungen arbeiten möchte, muss mit mindestens 3600 Euro für Hardware und Software rechnen, ein Headset („Goggle“) kostet noch einmal um die 600 Euro. (In einer preiswerteren Variante besteht das Headset aus einer Kartonkonstruktion, in die ein Smartphone als Bildschirm eingesetzt wird. Das Realitätsgefühl – man spricht von „Immersion“ – ist in diesem Fall allerdings geringer.) Zum Erstellen der virtuellen Räume fallen selbstverständlich noch einmal Arbeitsstunden an.
Einen Teil der Kosten werden natürlich die Kunden übernehmen müssen. Allerdings erspart VR ihnen auch die Ausgaben, die bisher durch Renderings und Modelle entstehen, und die können beträchtlich sein. Das fotorealistische Rendering eines kompletten Wohnhauses kostet mindestens 1000 Euro, und ein Modell kann leicht doppelt so teuer kommen.
Im Bild: das Headset HTC Vive
„Das ist das perfekte Kommunikationswerkzeug“, findet Richard Embers, Chef des Architekturbüros Pulse Design Group. „Damit ermöglichen wir es unseren Kunden, das Gebäude schon mal zu betreten, und können ihnen die Möbel und die Beleuchtung zeigen. Dabei können wir sogar die Tageszeit verändern, so dass sie sehen, wie sich Licht und Schatten verändern. Das Modell ist so nah an der Realität, dass wir Änderungsaufträge reduzieren können.“
Die neue Technologie mag mehr kosten als die arbeitsintensiven Praktiken, auf die sich die meisten Architekturbüros im Moment stützen, aber der Unterschied ist nicht so gewaltig. Wer mit VR-Anwendungen arbeiten möchte, muss mit mindestens 3600 Euro für Hardware und Software rechnen, ein Headset („Goggle“) kostet noch einmal um die 600 Euro. (In einer preiswerteren Variante besteht das Headset aus einer Kartonkonstruktion, in die ein Smartphone als Bildschirm eingesetzt wird. Das Realitätsgefühl – man spricht von „Immersion“ – ist in diesem Fall allerdings geringer.) Zum Erstellen der virtuellen Räume fallen selbstverständlich noch einmal Arbeitsstunden an.
Einen Teil der Kosten werden natürlich die Kunden übernehmen müssen. Allerdings erspart VR ihnen auch die Ausgaben, die bisher durch Renderings und Modelle entstehen, und die können beträchtlich sein. Das fotorealistische Rendering eines kompletten Wohnhauses kostet mindestens 1000 Euro, und ein Modell kann leicht doppelt so teuer kommen.
Im Bild: das Headset HTC Vive
Hilfe für Bauherren und Käufer
Architekten sind nicht die einzigen im Baugewerbe, die sich mit den möglichen Vorteilen von VR beschäftigen. Im April 2015 eröffnete ein Grundstücksentwickler in Seattle einen Showroom, in dem potenzielle Käufer eine virtuelle Tour durch „Luma“ machen können, ein 24-stöckiges Gebäude mit Eigentumswohnungen im Stadtviertel First Hill.
Das Gebäude wurde zwar erst im Sommer fertiggestellt, aber Interessenten konnten bereits vorher durch die Ein- und Zweizimmerwohnungen (im Bild) schlendern und den Blick auf Mount Rainier und die Meeresenge von Puget Sound genießen. Sie konnten sich die Eichenholzoberflächen und die Arbeitsplatten aus Granit anschauen, die Dachterrasse besichtigen und sich vor den Kamin setzen.
„Die Menschen bekommen auf diese Weise ein realistischeres Gefühl für das Gebäude und können dann besser beurteilen, ob es das richtige für sie ist“, sagt Stephen Fina, Gesellschafter von Red Propeller, einem Unternehmen für Immobilienmarketing. Auch Haushaltswaren- oder Einrichtungsgeschäfte könnten einen Nutzen aus VR-Anwendungen ziehen.
Eignet sich VR für jeden?
Man kann nicht davon ausgehen, dass Virtual Reality zum Standardwerkzeug für Neu- und Umbauten wird. Ein Nachteil ist die Möglichkeit, dass dem Benutzer eines Headsets vorübergehend übel werden kann. Dieser Zustand ist als „Simulatorkrankheit“ bekannt und entsteht, wenn das Gehirn eine Bewegung registriert, die der Körper nicht nachvollzieht. Das passiert nur selten und geht schnell wieder vorbei, aber es könnte abschreckend wirken.
Von diesem kleinen Manko abgesehen, könnte VR in diesem Jahr ganz groß herauskommen, denn im Moment wird jede Menge neue Hardware auf den Markt gebracht, die schärfere Sicht für weniger Geld verspricht. Vielleicht kommt noch einmal der Tag, an dem die meisten Architekten mit VR arbeiten und mit Headsets auf dem Kopf und Handschuhen an den Händen Wände versetzen und Fensterrahmen vergrößern.
Architekten sind nicht die einzigen im Baugewerbe, die sich mit den möglichen Vorteilen von VR beschäftigen. Im April 2015 eröffnete ein Grundstücksentwickler in Seattle einen Showroom, in dem potenzielle Käufer eine virtuelle Tour durch „Luma“ machen können, ein 24-stöckiges Gebäude mit Eigentumswohnungen im Stadtviertel First Hill.
Das Gebäude wurde zwar erst im Sommer fertiggestellt, aber Interessenten konnten bereits vorher durch die Ein- und Zweizimmerwohnungen (im Bild) schlendern und den Blick auf Mount Rainier und die Meeresenge von Puget Sound genießen. Sie konnten sich die Eichenholzoberflächen und die Arbeitsplatten aus Granit anschauen, die Dachterrasse besichtigen und sich vor den Kamin setzen.
„Die Menschen bekommen auf diese Weise ein realistischeres Gefühl für das Gebäude und können dann besser beurteilen, ob es das richtige für sie ist“, sagt Stephen Fina, Gesellschafter von Red Propeller, einem Unternehmen für Immobilienmarketing. Auch Haushaltswaren- oder Einrichtungsgeschäfte könnten einen Nutzen aus VR-Anwendungen ziehen.
Eignet sich VR für jeden?
Man kann nicht davon ausgehen, dass Virtual Reality zum Standardwerkzeug für Neu- und Umbauten wird. Ein Nachteil ist die Möglichkeit, dass dem Benutzer eines Headsets vorübergehend übel werden kann. Dieser Zustand ist als „Simulatorkrankheit“ bekannt und entsteht, wenn das Gehirn eine Bewegung registriert, die der Körper nicht nachvollzieht. Das passiert nur selten und geht schnell wieder vorbei, aber es könnte abschreckend wirken.
Von diesem kleinen Manko abgesehen, könnte VR in diesem Jahr ganz groß herauskommen, denn im Moment wird jede Menge neue Hardware auf den Markt gebracht, die schärfere Sicht für weniger Geld verspricht. Vielleicht kommt noch einmal der Tag, an dem die meisten Architekten mit VR arbeiten und mit Headsets auf dem Kopf und Handschuhen an den Händen Wände versetzen und Fensterrahmen vergrößern.
Bis es soweit ist, behalten die traditionellen Methoden natürlich ihren Stellenwert. Auch wenn VR uns ermöglicht, durch die Räume zu laufen: Heutzutage führt für viele Architekten immer noch kein Weg an der guten alten zweidimensionalen Zeichnung vorbei (im Bild ein handgezeichneter Aufriss).
„Ich möchte ein Haus immer noch als Aufriss sehen“, sagt Daniel Garber, Geschäftspartner im Büro Fergus Garber Young Architects, das seit einiger Zeit VR einsetzt. „Ich brauche die Ansicht als Plan.“
Grundriss, Aufriss, Schnitt – was ist was bei der Architekturzeichnung? >>>
Was halten Sie von VR-Software für Hausbau und Planung?
„Ich möchte ein Haus immer noch als Aufriss sehen“, sagt Daniel Garber, Geschäftspartner im Büro Fergus Garber Young Architects, das seit einiger Zeit VR einsetzt. „Ich brauche die Ansicht als Plan.“
Grundriss, Aufriss, Schnitt – was ist was bei der Architekturzeichnung? >>>
Was halten Sie von VR-Software für Hausbau und Planung?
Seit vielen Jahren benutzen Architekten Software wie SketchUp oder Rhino, um dreidimensionale Renderings zu erstellen, die sich auf einem zweidimensionalen Monitor betrachten lassen. In diesen Modellen bestimmt normalerweise eine festgelegte Position die Betrachterperspektive, und die räumlichen Verhältnisse sind nur schwer einzuschätzen. IrisVR soll jetzt Entwürfe übertragen, die auf dieser Ebene bereits funktionieren, in eine eindrucksvolle dreidimensionale Welt, in die man mithilfe von Headsets wie dem Oculus Rift, dem HTC Vive oder dem Google Cardboard, eintauchen kann.
Ein Gefühl wie im Traum
Ich habe mir vor kurzem einige dieser Headsets im Büro von IrisVR aufgesetzt und bin durch die computergenerierte Simulation einer Konzerthalle gelaufen. Bei dem Ausflug fühlte ich mich ein bisschen wie im Traum, es wirkte real und unwirklich zugleich. Ich drehte meinen Kopf nach links und rechts, um mich über die Bühne zu bewegen. Ich ging durch den Zuschauerraum bis zu den Rängen und machte eine Kehrtwendung, um die Bühne noch mal von ganz hinten zu betrachten. Ein überzeugendes Raumgefühl stellte sich ein – die Experten sprechen von „Skalierung“ und „Präsenz“ –, das mir ein normales Rendering nie vermittelt hätte.
Hätte ich vor, ein Haus zu bauen, würde ich die Wohnräume gerne vorher mit einer solchen Technik erkunden, bevor ich mich mit Aufteilung, Material oder Wandfarbe beschäftigen würde. „VR macht es einem sehr bequem“, sagt Ailyn Mendoza, die leitende Architektin bei IrisVR. „Als Auftraggeber sind Sie der Chef. Aber Sie sind wahrscheinlich nicht in der Lage, zu erkennen, was der Architekt oder Bauunternehmer falsch macht.“
Im Bild: Ein Oculus-Headset im Einsatz mit der Architektursoftware IrisVR